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Auf nach Britannia!

Isle of Wight

Liebe Besucher,

wenn wir aus dem Rheinischen zur »Isle of Wight« fahren, und wenn die Reiseleiterin bei Grenzübertritt jeweils die Nationalhyme erklingen lässt, so hören wir
»Das Lied von Brabant« (Dir unser Blut, o Heimaterde, Wir schwörens Dir, o Vaterland!),
die Maseillaise (Zu den Waffen, Bürger, Formt eure Truppen, Marschieren wir, Marschieren wir! Unreines Blut Tränke unsere Furchen!) und
kaum über dem Ärmelkanal heißt es "God Save the Queen", die De-facto-Nationalhymne des heutigen Vereinigten Königreiches (O Herr, unser Gott, steh ihr bei, Zerstreue ihre Feinde, Und bring sie zu Fall). KARTE
Wer all das unbeschadet überstanden hat, kann nun im Bus weiter durch die Grafschaft Kent rollen und - den Fussballfans in den Stadien gleich - weiter singen, brüllen oder pfeifen: "Rule, Britannia!", "Land of Hope and Glory" und/oder "Jerusalem" (Till we have built Jerusalem, In Englands's green an pleasant land). Hymnen satt.
Wir erreichen die "Insel der Wichte" und der britische Humor erreicht uns, und zwar beim Besuch von

Blossom,
Dizzle,
Dazzle,
Busby,
Murphey,
Paddy,
Daisy,
Doris,
Bruno und
Konsorten

in der "Donkey Sanctuary", einer Pflegestation für alte, kranke Esel. Es gibt dreißig alte Esel und achtzehn Modelle, um zu spenden: Fundraising Ideas! Der gemeine Reisende kommt derweil ins Grübeln, ob es vielleicht auf dieser Reise weitere Esel zu sponsern gilt, oder "My Goodness!", ob er am Ende selbst einer von ihnen ist ...
Ganz im Gegensatz zu den patriotischen Gesängen ist die Bevölkerung friedlich, überaus gut gelaunt, höflich, hilfsbereit und freundlich! Das schlägt sich unmittelbar auf die Hüften: ein »Cream Tea« für 'four pounds fifty' besteht aus einer großen Kanne Tee, zwei dicken Gebäckstücken (Kreuzung aus Rosinenbrötchen und unserem (Hefe-)Bobbes) und einer Schale fetter, fetter Sahnebutter, dazu 'marmalade and jam'! Zwei weitere Butterstückchen liegen etwas verloren auf dem Teller herum. Was soll ich damit?

Das Halbliterglas Bier 'Pint of Beer' wird immer voll gezapft. Voll heißt hier einen Zentimeter, sorry, we are in Great Britain!, einen 'half Inch' über dem Glasrand. Das Gemüse wird in kochendes Wasser getaucht und kommt so auf den Teller. Salz und Pfeffer stehen ja auf jedem Tisch. Für Soßen habe ich jetzt hier keine Zeit. Wenn im Garten die Blätter nicht grün genug sind, so wird mit der Farbspraydose nachgeholfen; gerne auch mal pink oder lila. Entsteht eigentlich so der "Englische Rasen"?
Wir besuchen die HMS VICTORY in Portsmouth. His Majesty's Ship!, auf der Vizeadmiral Horatio Nelson Napoleon (obwohl: dieser soll gar nicht vor Ort gewesen sein!) vor Trafalgar den Hintern versohlt hat, dabei jedoch leider sein Leben verlor. Die HMS VICTORY ist immer noch offizielles Flaggschiff des Ersten Seelords Ihrer Majestät und soll jederzeit auslaufen können! Ich hätte auf dem Dreidecker gar nicht dienen können, musste ich doch auf allen drei Decks sehr gebeugt auf allen Vieren herumkriechen.
Wir besuchen Gärten, Parks, Chines (tiefe, enge Schluchten) and Botanische Gärten und trinken dabei "Botanic Ale"!
Die Sonne scheint ununterbrochen bis auf einen Tag, an dem es ununterbrochen regnet, nein gießt. Der englische Regen wäscht hoffentlich die Farbe von den besprühten Blättern. Ich hole mir in England(!) einen Sonnenbrand auf der Stirnglatze und denke wehmütig an die beiden Butterstückchen vom "Cream Tea" zurück: ich hätte sie ganz anders einsetzen müssen! Wir wandern an der Kante der Kreidefelsen und schweben per Sessellift zu den Needles.

All Saints’s Church

Auf der Heimfahrt erlebten wir mit den anderen 28 Rheinländern südlich von London ein Highlight: die kleine Kirche All Saints bei Tudeley hat alle(!) Fenster von Marc Chagall bekommen; es soll die einzige so ausgestattete Kirche sein. Der Kirchenvorstand hat 12 Jahre gebraucht, um dem Austausch alt gegen neu zuzustimmen (Bilder unten). Es geht also auch ganz normal in GB!
Die Geschichte:
Ein Mädchen ertrinkt in der See nahe Rye. Ihr Vater wendet sich an Chagall mit der Bitte, ein Fenster in der kleinen Kirche von Tudeley zu gestalten. Marc Chagall malt ein Altarfenster in Tudeley zur Erinnerung an das Mädchen, das nun im Himmel ist. Bei der Einweihung begeistern ihn die Lichtverhältnisse in der kleinen Church so, dass er auch alle anderen Fenster der Kirche gestalten will. Gegen den langjährigen Widerstand des Gemeindevorstandes!

Nun sitze ich unter tiefblauem Himmel an Deck der P&O-Fähre, blicke zurück auf die Kreidefelsen von Dover und pfeife still "Rule Britannia" vor mich hin. Wir haben doch wieder einmal viel gesehen, haben gut gegessen und getrunken und waren viel unterwegs, hatten eine gute Reiseleitung und haben hoffentlich auch etwas dazugelernt. Nicht schlecht! Wisst Ihr, worauf ich mich jetzt freue? - In Aachen Lichtenbusch: "Einigkeit und Recht und Freiheit …"!

Viele Grüße von einer schönen Reise!

Siehe auch mein Video KENT - Schlösser und Gärten !

Zuletzt aktualisiert am 02.12.2023

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